Auszüge aus einer Rede gehalten von Ulrike Achenbach anlässlich der Vernisage der Ausstellung "Querverläufe" 2008 in Tübingen.
Margit Bäurle sagt von sich, dass für sie das Malen seit vielen Jahren das Wichtigste ist. Wie Sie sehen, malt sie abstrakte Bilder. Für Margit Bäuerle ist abstrakte Malerei zuerst einmal eine Auseinandersetzung mit Kopf und Bauch. Deshalb wird das Bild oft anders, als sie es sich vornimmt:
Margit Bäurle nimmt sich z.B. eine Farbe vor, arbeitet mehrere Stunden daran, lässt das Bild stehen und verlässt das Atelier. Kommt wieder zurück und merkt, spürt, "nein, heute geht diese Farbe überhaupt nicht", sie übermalt alles - mit der gleichen oder einer anderen Farbe - kratzt - mit einer Spachtel - von der alten Farbe wieder etwas heraus und geht erneut aus ihrem Atelier. Und das kann unendliche Male wiederholt werden. Dieses ist ein Prozess, der Tage, Wochen, Monate dauern kann. Und irgendwann weiß Margit B. plötzlich ganz genau: "Jetzt ist das Bild fertig." Sie hat eine ganz klare Intuition, wann ihr Bild beendet ist.
Die abstrakte Malerei ist für sie weiter eine Auseinandersetzung mit Material, Technik und Untergrund:
Die neuen Bilder von Margit Bäurle sind alle auf Holz gemalt. Sie sagt: weil Holz hart ist, Widerstand gibt und ein Naturmaterial ist. Anders als die Leinwand, die zu steril, weiß, fast unberührbar und verletzlich ist. Holz macht viel mit, es ist robust. Und das ist wichtig, weil sie spachtelt, kratzt - und das Bild einfach stark von ihr bearbeitet und beansprucht wird.
Alle ihre Bilder sind mit Pigmenten, als Binder Eitempera, verschiedenen Stiften und Kreiden gemalt. Margit Bäurle mag eher monotone Flächen in kräftigen Farben. Dabei arbeitet sie meistens mit den Händen. Ihre Lieblingsfarbe ist Grün, das sehen Sie in ihrer Ausstellung deutlich. Neu ist das Malen mit Blau. Diese Farbe hat sie für sich neu entdeckt. Für sie bedeutet Blau Freiheit und Unendlichkeit. In Verbindung mit Blau werden die anderen Farben greifbarer.
Die Linie ist für Margit Bäurle wichtig. Ihr gefallen Linien, sie sind spielerisch, leicht und machen ihr Freude. Für sie ist die Linie immer etwas Persönliches. Eine Linie kann nicht kopiert werden. Sie hat sich lange mit "Linien" auseinandergesetzt und stellt fest:
Linie bringt Sicherheit
Linie hält ihre Malerei zusammen.
Linie schafft Abgrenzung und Querverläufe.
Zu viel Linie, sagt sie, macht einsam. Zu wenig Linie verliert sich, gibt keinen Halt, alles verschwimmt. Es kann auch eine Linie geben, die Linie überhaupt. Damit spielt Margit Bäurle, sie spielt mit Linien, probiert sie aus, verwirft sie wieder und schafft Neue. Linien ergeben sich - unbewusst, unmittelbar und einige sind auch gedacht. Wenn das Bild beendet ist, weiß sie selbst nicht, welches eine Bauch oder welches eine Kopflinie war. Und der Betrachter? Vielleicht können Sie es erahnen?
Margit Bäurle mag es, wenn sich etwas verbindet. Dann kommt Verschiedenes zusammen - es entsteht Vielfalt und Neues. Viele ihrer Linien gehen in Kontakt miteinander: sie berühren sich, sie streifen sich, sie kreuzen sich. Sie sind in Konkurrenz miteinander, sie ergänzen sich. Manche haben den gleichen Weg, manche das gleiche Ziel. Manche kommen in der Mitte zusammen, manche kommen aus der Mitte heraus.
Verbindungen entstehen besonders mit Linien, die quer verlaufen - Querverläufe. Sie erinnern Margit Bäurle an das Weben von Teppichen, da manche Linien zugedeckt sind und manche wieder durch Kratzen sichtbar werden.
Durch Querverläufe, die schon vorhanden sind, und durch das Zeichnen von neuen Linien entsteht Dichte, Festigkeit und es werden neue Flächen und Räume eröffnet.